Stieglitz: Bunter Akrobat an Disteln
Heute Morgen hatte ich wieder diesen magischen Moment: Ein Trupp Stieglitze turnte an den Disteln in unserem Naturgarten. Wie kleine, gefiederte Juwelen blitzten ihre rot-gelb-schwarzen Gesichter in der Morgensonne. Kein Wunder, dass dieser prächtige Stieglitz auch Distelfink genannt wird!
Ein Meisterwerk der Natur
Mit seinen 12 bis 14 Zentimetern ist der Stieglitz zwar ein Leichtgewicht, aber was für einer! Seine leuchtend rote Gesichtsmaske wird von einem tiefschwarzen Rand umrahmt. Die gelben Streifen auf den schwarzen Flügeln leuchten wie Goldbänder. Dabei bringt er gerade mal 14 bis 19 Gramm auf die Waage – weniger als ein Esslöffel Zucker.
Akrobaten an der Distel
Gestern konnte ich stundenlang ihre Kunstflüge beobachten. Mit erstaunlicher Geschicklichkeit turnen sie an den stacheligen Distelköpfen, picken mit ihren spitzen, hellgrauen Schnäbeln die Samen heraus. Ihre kräftigen Beinchen geben dabei perfekten Halt. Was für ein Gleichgewichtssinn!
Familienleben im Grünen
Im letzten Frühling hatte ich besonderes Glück: Ein Stieglitzpaar baute sein Nest in unserem Apfelbaum. Was für ein Kunstwerk! Fein säuberlich verwoben sie Gräser, Moos und Pflanzenfasern zu einer perfekten kleinen Schale. Das Weibchen legte fünf hellblaue, gesprenkelte Eier. Nach zwei Wochen schlüpften die Kleinen – zunächst noch unscheinbar braun gefärbt, ohne die prächtigen Farben ihrer Eltern.
Musiker mit Charme
Der Gesang der Stieglitze ist so lebhaft wie ihr Aussehen. Eine Mischung aus hellen Trillern und sanften Flötentönen, manchmal unterbrochen von einem charakteristischen „stiglit“ – daher auch ihr Name. In kleinen Trupps unterhalten sie sich ständig mit leisen Plaudertönen.
Wanderer zwischen den Welten
Obwohl einige Stieglitze das ganze Jahr bei uns bleiben, ziehen viele im Winter Richtung Süden. Die Reise führt sie oft nur bis Südeuropa, wo sie in großen Schwärmen überwintern. Im Frühjahr kehren sie zurück – ein bunter Gruß des Frühlings.
Was Stieglitze brauchen
Ein stieglitzfreundlicher Garten sollte bieten:
- Wilde Ecken mit Disteln und anderen Samenpflanzen
- Naturbelassene Blühflächen
- Dornige Sträucher als Nistplatz
- Wasserstellen zum Trinken und Baden
- Ungespritztes Umfeld
Gärtner mit Geschmack
In unserem Naturgarten lassen wir bewusst einige Disteln und andere „Unkräuter“ stehen. Die Stieglitze danken es uns! Sie sind nicht nur wunderschön anzusehen, sondern helfen auch bei der natürlichen Schädlingskontrolle. Im Sommer fressen sie nämlich auch gerne Blattläuse und andere kleine Insekten.
Jahreszeiten mit den bunten Finken
Der Rhythmus der Jahreszeiten bestimmt ihr Leben:
- Im Frühling kehren sie aus dem Süden zurück
- Der Sommer gehört der Familiengründung
- Im Herbst sammeln sich große Schwärme an Disteln
- Im Winter suchen die Daheimgebliebenen Futterstellen auf
Ein besonderes Erlebnis
Was mich immer wieder fasziniert: Stieglitze sind trotz ihrer auffälligen Färbung erstaunlich zutraulich. An unserer Futterstelle kommen sie bis auf wenige Meter heran. Sie scheinen zu wissen, dass sie willkommen sind.
Übrigens: Die beste Zeit zur Beobachtung ist an sonnigen Herbstmorgen, wenn sie in kleinen Trupps die Distelfelder nach Samen absuchen. Mit etwas Glück erlebt ihr dann ein wahres Naturschauspiel – bunte Akrobaten in ihrer schönsten Form!